Galerie HILT

Tierreich

Ausstellungstext

Stefan Auf der Maur scheint kaum etwas zu erschüttern – er betrachtet den Lauf der Dinge und entdeckt in der Auseinandersetzung damit neue Einsichten in das scheinbar Zufällige. Gerade hier liegt eine der Qualitäten seiner Arbeiten: er fordert zum genauen Hinschauen auf, um die verborgenen Seiten des Alltäglichen zu finden. Vielleicht fallen Stefan Auf der Maur auch deshalb Themen und Geschichten zu, an denen andere vorbeigehen. Damit erfüllt er wichtige Aufgaben der Kunst: auf relevante Dinge im Leben aufmerksam machen, zum Innehalten ermuntern, zum Nachdenken bewegen und vermeintlich Bekanntes neu beleuchten.

In einem ersten Zyklus entstanden Porträts von Stofftieren, die bei einer ersten, flüchtigen Betrachtung Heiterkeit auslösen. Erst bei genauem Hinsehen eröffnen sich die malerische Tiefe und die Doppelbödigkeit, die den scheinbar banalen Sujets innewohnt. Frühe Kindheitserinnerungen und Geschichten, die unmerklich an den Stofftieren hängen geblieben sind, werden wach. Er malte die Kuscheltiere und -figuren schonungslos, in der ihnen eigenen Individualität und Physiognomik, die oftmals wenig mit der vom Betrachtenden hineininterpretierten Niedlichkeit zu tun haben.

Stefan Auf der Maur bewegt sich mit seiner Maltechnik in einem Zwischenbereich: seine Bilder sind weder völlig gegenständlich noch gänzlich abstrakt. Sie haben beide Komponenten in sich, genauso wie verschiedene Aussagen in die Bilder eingeschrieben sind. Bei einigen Porträts sind auf dem Malgrund die einzelnen Pinselstriche, Mischungen und Konturen sichtbar und entfalten erst aus der Distanz ihre volle Wirkung. Andere Werke baut er systematisch auf, grundiert den Träger, übermalt und schleift Farbschichten ab, lasiert diese, um sie entsprechend der alten Maltradition schliesslich mit Firnis zu überziehen – womit die bekannte Wirkung von Tiefe und Konzentration entsteht.

In seinem aktuellen Malzyklus beschäftigt er sich mit dem Horten (englisch hoarding, umgangssprachlich auch Hamstern genannt): das Sammeln und Anhäufen von wertvollen oder lebenswichtigen Sachen wie Devisen, Gold oder Lebensmittel. Das Wort wird mittlerweile auch im Zusammenhang mit psychischen Zwangshandlungen verwendet, wie z.B. beim «animal hoarding», einem masslosen ansammeln lebender Tiere in den eigenen Wohnräumen. Bei der Arbeit im Malatelier und in der Auseinandersetzung mit Atelier- und Arbeitskollegen eröffnen sich ihm laufend neue Ansichten und Entdeckungen. Stefan Auf der Maur schätzt und sucht diesen Einfluss von aussen um den Themenzyklus zu erweitern und in all seinen Facetten darzustellen.

© 2012 – Galerie HILT Basel, Christian Ragni